Bürgerdialog geplant – Lausitzer Rundschau vom 1.12.2021

Ärztemangel in Dahme-Spreewald Luckau lädt Bürger, Politiker und Ärzte zum Dialog ein

Um dringend benötigte Fachärzte in die Region zu holen, plant Luckau einen Bürgerdialog, an dem neben anderen Vertretern insbesondere die Kassenärztliche Vereinigung teilnehmen soll. Ihr Zulassungsausschuss entscheidet über die Vergabe von Arztsitzen im Land.

Im Kampf um dringend benötigte Fachärzte im Süden des Landkreises Dahme-Spreewald regt die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) in Luckau einen Bürgerdialog vor Ort an. Aus ihrer Sicht sollten Einwohner, Verantwortungsträger aus Politik und Wirtschaft sowie Ärzte wichtige Fragen zum Thema miteinander diskutieren. Eine entsprechende Einladung will die Stadtfraktion dieser Tage verschicken.

Kassenärztliche Vereinigung ist einer der wichtigsten Adressaten

Wichtigste Adressaten sind die Kassenärztliche Vereinigung Berlin-Brandenburg (KV) und niedergelassene Ärzte vor Ort. Zugleich will die UWG die SPD-Bundestagsabgeordnete und Spreewälderin Sylvia Lehmann, die CDU-Bundestagsabgeordnete Jana Schimke, die ihren Wahlkreis ebenfalls im Spreewald hat, sowie die Bürgermeister von Luckau und Heideblick zum geplanten Bürgerforum einladen.

„Es kann eine gute Gelegenheit sein, Fragen zu beantworten, für Verständnis zu sorgen oder zu werben und – was uns besonders am Herzen liegt – die Ängste der Menschen vor Ort ernst zu nehmen und im besten Falle zu lindern“, begründet Sven Off, Mitglied der UWG-Fraktion im Luckauer Stadtparlament, die Pläne für einen offenen Dialog.

Luckau: Ärztliche Versorgung aus unterschiedlichsten Gründen gefährdet

„Leider erleben die Bürger unserer Region gerade hautnah, was es heißt, wenn ihre ärztliche Versorgung aus unterschiedlichsten Gründen gefährdet ist beziehungsweise droht wegzubrechen“, sagt er. Auch die Ungewissheit, wie eine ärztliche Grundversorgung auf dem Land zukünftig aussehen soll, treibe die Einwohner um; insbesondere ältere Menschen, die immer weniger die Möglichkeit hätten, auf Änderungen beziehungsweise Verknappung der medizinischen Versorgung reagieren zu können.

Die andere Seite – die der praktizierenden Ärzte in der Region – bereitet Off und seiner Fraktionskollegin Petra Spruch offenbar auch Sorgen. „Wir nehmen wahr, dass sie durch wachsende verwaltungsrelevante Belastungen, Corona und nicht zuletzt durch die Verunsicherung vieler Patienten längst bis an oder über ihre Grenzen hinaus belastet sind“, sagt Off – und fragt: „Wie lange ist ein Hausarzt – ob alt oder jung – bereit und in der Lage, allem gerecht zu werden; wie viele Patienten kann ein Arzt guten Gewissens betreuen und behandeln?“

Zulassungsausschuss lehnt Anträge von Therapeutin und Orthopäden ab

Luckau musste zuletzt auf die Neuansiedlung einer Kinder- und Jugendpsychotherapeutin verzichten. Der Zulassungsausschuss der KV – ein unabhängiges Gremium mit Vertretern der Kassenärztlichen Vereinigung und von Krankenkassen – lehnte den Antrag der Medizinerin ab. Den Zuschlag für den neuen Sitz bekam der Norden des Landkreises Dahme-Spreewald. Und das, obwohl es in Luckau eine Unterversorgung an Therapeuten für die Kinder- und Jugendpsychologie gebe, wie die verhinderte Therapeutin sagt.Eine ähnliche Erfahrung hatte kurz zuvor auch die Gemeinde Heideblick gemacht. Dort betraf es einen Orthopäden, der sich im größten Ortsteil Walddrehna niederlassen wollte. Der Zuschlag ging auch in diesem Fall in den Norden des Landkreises – nach Königs Wusterhausen.

Vor allem aber fehlt es an Hausärzten. Allein im Bereich Lübben, zu dem auch der Raum Luckau zählt, listet die Kassenärztliche Vereinigung derzeit bereits sieben freie Hausarztstellen auf. 30,5 Hausärzte praktizieren aktuell zwischen Rietz-Neuendorf, Jamlitz und Heideblick – das entspricht einem Versorgungsgrad von unter 90 Prozent.Nun droht der Mangel sich sogar noch zu verschärfen, nachdem in Luckau der Allgemeinmediziner Frank Riedel angekündigt hat, ab dem kommenden Jahr nicht mehr als Hausarzt für Kassenpatienten tätig zu sein, und auch der inzwischen 80-jährige Arzt Horst Becker angekündigt hat, seine Hausarztpraxis in Schönwalde im Unterspreewald zum Jahresende zu schließen.

Ärztemangel: Gemeinde Heideblick unterstützt Luckaus Pläne

Aus Sicht des Luckauer Bürgermeisters Gerald Lehmann fehlt die Fürsorge der Kassenärztlichen Vereinigung in der Region. Die Unabhängigkeit des Zulassungsausschusses will er nicht infrage stellen. Doch die jüngsten Entscheidungen des Gremiums sind für ihn nicht mehr nachvollziehbar. Erst kürzlich sagte er, Kriterien müssten überdacht und das System auf zukunftsfähige Beine gestellt werden, damit die ländliche Region nicht abgehängt wird. Das sieht offenbar auch Heideblicks Bürgermeister Frank Deutschmann so; er unterstützt die Pläne für ein Luckauer Bürgerforum, wie er jüngst betonte. Zunächst bleibt jedoch abzuwarten, auf welches Echo die Einladung stößt – insbesondere bei der Kassenärztlichen Vereinigung.